Ich bin immer auf der Suche nach einer richtig guten Story. Nach einem Spiel, das nicht einfach endet, wenn ihr den Controller weglegt, sondern euch noch tagelang im Kopf herumspukt. Als ich von Echoes of the End hörte, einem linearen Singleplayer Abenteuer voller Magie, Mythologie und großen Emotionen, war sofort klar: Das muss ich mir einmal genauer anschauen.
Und gerade weil der Titel nach nur ein paar Monaten des beeindruckenden Trailers fast aus dem Nichts erschien, und das auch noch von einem Debüt Studio, schwang bei mir eine Mischung aus Neugier und Skepsis mit. Wir haben alle schon Trailer gesehen, die mehr versprechen als das eigentliche Spiel halten kann. Aber Echoes of the End? Das ist kein Blender. Es ist ein ambitioniertes, wunderschön präsentiertes Abenteuer, das zwar Ecken und Kanten hat, aber genau dadurch überraschend viel Charakter gewinnt.
Das Ergebnis ist ein Spiel, das nicht in jeder Disziplin glänzt, dessen stärkste Momente jedoch absolut herausragend sind. Gut getragen von einer außergewöhnlichen Freundschaft, einer faszinierenden Welt und einem kleinen, aber mutigen Entwicklerteam, das sichtlich mehr Herzblut als Budget besitzt.
Wenn ihr leise Kulissen und Geschichten mögt, die langsam wachsen, ruhige Momente schätzt und Charakter Dynamiken liebt, die sich ehrlich anfühlen, dann seid ihr hier definitiv richtig. Und wenn nicht? Nun… vielleicht überzeugt euch Ryn und Abrams Reise trotzdem.
Das Herzstück des Spiels: Eine Freundschaft, für die es sich zu kämpfen lohnt
Kommen wir direkt zum Punkt: Das Beste an Echoes of the End ist ohne Frage die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren Ryn und Abram. Und zwar nicht im Hollywood Sinne, nicht als aufgesetzte Romanze, sondern als glaubwürdige, langsam wachsende Freundschaft, die das gesamte Spiel trägt.

Ryn ist eine sogenannte Vestige. Eine Person, die rohe, zerstörerische Magie manipulieren kann. Diese Gabe hat ihr Leben geprägt, und zwar nicht im positiven Sinne. Ihr gesamter Körper und Geist sind von Schuld, Angst und unausgesprochenen Traumata gezeichnet. Besonders der Gedanke an ihren kleinen Bruder Cor, den sie unbedingt retten will, verfolgt sie auf Schritt und Tritt. Ryn ist verschlossen, misstrauisch und besonders vorsichtig. Sie lässt niemanden an sich heran und wirkt oft wie eine Naturgewalt, die sich selbst kaum kontrollieren kann.
Und dann ist da Abram. Ein neugieriger, warmherziger Gelehrter, der das exakte Gegenteil von Ryn verkörpert. Während sie Mauern um sich herum errichtet, ist er jemand, der enthusiastisch jede Ruine, jedes Relikt und jede Spur alter Magie untersucht. Er ist fasziniert von Ryns Kräften, aber noch mehr fasziniert von der Person hinter dieser Macht. Was als etwas unbeholfene Zweckgemeinschaft beginnt, wächst Schritt für Schritt zu einer echten Verbindung heran.
Gerade unterwegs, zwischen Kämpfen, Rätseln und langen Wegen, glänzt das Spiel. Ihre Dialoge gehören zu den besten Momenten des gesamten Abenteuers. Wenn ihr gemeinsam Ruinen erkundet, über verlorene Zivilisationen philosophiert oder einfach nur scherzt, weil die Stille zu schwer wird, fühlt es sich an, als würdet ihr zwei echte Menschen begleiten. Nichts davon wirkt gezwungen. Alles entsteht organisch aus ihren Persönlichkeiten.
Das Schöne ist: Ryn und Abram funktionieren nicht wegen großer Story Twists, sondern wegen kleinen, ehrlichen Momenten. Ein kurzer Blick. Eine unbeholfene Entschuldigung. Ein stilles Verständnis, das langsam wächst. Und genau darin liegt der Zauber des Spiels.
Wenn ihr Titel wie The Last of Us, God of War oder generell erzählerisch starke Character Driven Games liebt, dann werdet ihr euch in dieser Dynamik sofort zuhause fühlen. Echoes of the End mag in vielem nicht perfekt sein, aber in diesem einen Punkt ist es ganz nah dran.
Eine vertraute Fantasy Geschichte, aber mit Herz und Atmosphäre
So stark die Charaktere auch sind, die Hauptgeschichte selbst bewegt sich auf deutlich vertrauterem Terrain. Ihr kennt diese Art von Fantasy Plot vermutlich schon: Eine junge Heldin muss ihren Bruder aus den Fängen eines bösen Imperiums retten, das seine besonderen Kräfte für finstere Zwecke missbrauchen will. Genau das ist Ryns Ausgangspunkt, und Echoes of the End folgt dieser klassischen Grundlage ziemlich konsequent.
Ihr reist durch die wunderschöne Welt Aema mit ihren schroffen Felsen, dampfenden geothermalen Feldern, nebligen Wäldern und alten Ruinen. Hier kämpft ihr euch durch die Soldaten des Dalsman Imperiums, die euch ständig im Nacken sitzen. Dabei löst ihr uralte Rätsel, entdeckt Relikte vergangener Völker und kommt Stück für Stück der Wahrheit näher.

Das Problem? All das fühlt sich sehr vertraut an. Ihr werdet viele Twists schon erahnen, bevor sie passieren. „Der Verrat“, „die lange verschüttete Wahrheit“, „die Macht, die größer ist als gedacht“… es ist alles da, und meistens genauso, wie ihr es erwarten würdet. Das gilt besonders für die Antagonisten. Sie sind böse, weil die Geschichte es braucht, und nicht, weil ihre Motivation wirklich greifbar wäre. Die meisten Gegner sind einfach maskierte Soldaten, austauschbar, ohne Tiefe oder erkennbare Persönlichkeit.
Doch hier kommt der entscheidende Punkt. Denn trotz der Vorhersehbarkeit funktioniert die Geschichte erstaunlich gut. Nicht, weil sie innovativ wäre, sondern weil die emotionale Grundlage stimmt. Ryns Schmerz ist greifbar, ihr Ziel klar und verständlich, und Abrams persönliches Interesse an der Geschichte der Welt verleiht vielen Szenen eine zusätzliche Ebene. Die Reise fühlt sich dadurch weniger wie ein „Fantasy Standardplot“ an und mehr wie eine Roadtrip Geschichte über zwei ungleiche Menschen, die lernen, einander zu vertrauen.
Der Plot mag also nicht die Welt neu erfinden, aber die Welt, durch die ihr euch bewegt, tut es. Und die Art, wie Ryns persönliche Geschichte darin verwoben ist, macht die Reise trotz ihrer bekannten Muster lohnend.
Lohnt sich das tiefe Lore eigentlich?
Für alle unter euch, die gerne in Spielwelten eintauchen und jedes kleine Detail aufsaugen, hat Echoes of the End eine Menge zu bieten. Überall findet ihr Tagebuch Einträge, alte Berichte, mysteriöse Artefakte und handgezeichnete Notizen, die euch mehr über die Vestiges, die uralte Zivilisation Aemas und den politischen Zustand des Landes erzählen. Die Welt wirkt dadurch größer, älter und spürbar verletzlich. Hier prägt es an interessanten Geschichten, die nur darauf warten, enträtselt zu werden.
Das Lore ist allerdings ziemlich dicht und anspruchsvoll. Viele Texte sind sehr ausführlich, manchmal fast akademisch formuliert, und setzen voraus, dass ihr wirklich Lust habt, euch mit den Hintergründen auseinanderzusetzen. Wenn ihr gerne rätselt, Theorien spinnt oder zwischen den Zeilen lest, werdet ihr darin regelrecht versinken. Es gibt genug Material, um ganze Abende damit zu verbringen.
Wenn ihr dagegen eher an der emotionalen Kernreise von Ryn und Abram interessiert seid, könnt ihr den Großteil des optionalen Lores problemlos ignorieren. Das Spiel sorgt bewusst dafür, dass alle wichtigen Informationen direkt in Dialogen und Zwischensequenzen vermittelt werden. Ihr verpasst also nicht die Hauptgeschichte, nur weil ihr nicht jeden Zettel lest.
Wie spielt es sich eigentlich?
Eine gute Story ist wichtig, aber am Ende seid ihr es, die die Knöpfe drücken. Wie fühlt sich Echoes of the End beim Spielen also an? Im Großen und Ganzen wie ein solides Abenteuer, das aber ganz klar seine Prioritäten setzt. Das Gameplay steht hinter der Story und arbeitet ihr eher zu, als dass es sich in den Vordergrund drängt.

Insgesamt teilt sich das Spiel in drei Hauptaktivitäten: Kämpfe, Rätsel und Erkundung.
Kampf: Die Kämpfe sind wohl der schwächste Teil des Spiels. Ryn nutzt ihren Speer für Nahkampf und ihre Vestigenmagie für starke Fernangriffe. Das funktioniert alles zuverlässig, fühlt sich aber oft etwas steif an.
Erwartet hier also kein butterweiches, dynamisches Kampfsystem wie in God of War. Es erfüllt seinen Zweck, ist aber eindeutig dazu da, euch zur nächsten Geschichteinheit zu bringen. Nicht, um die große spielerische Herausforderung zu bieten. Zwischendurch gibt es coole Finisher und schöne Effekte, aber es bleibt ein eher geradliniges System.
Rätsel & Erkundung: Hier zeigt das Spiel seine Stärken. Die Welt von Aema ist wunderschön gestaltet, jedoch kein Open World. Ihr folgt einem linearen Kapitelaufbau, lauft durch beeindruckende Landschaften und löst dabei viele Umweltpuzzles. Häufig nutzt ihr Ryns Fähigkeiten, um Objekte zu verschieben, Mechanismen zu aktivieren oder neue Wege zu öffnen.
Die Rätsel sind clever und abwechslungsreich, können aber gelegentlich das Tempo der Geschichte bremsen. Gerade wenn ihr emotional im Plot drin seid, wirken sie manchmal wie kleine Stoppschilder auf der Straße.
Technisch hatte das Spiel zum Start ein paar Schwierigkeiten wie Ruckler oder Framedrops. Mittlerweile wurden viele davon per Patch verbessert, sodass die meisten Spieler heute ein deutlich runderes Erlebnis haben sollten.
Das Endresultat unserer Echoes of the End Rezension
Solltet ihr Echoes of the End spielen? Das hängt wirklich davon ab, was ihr sucht. Denn wenn ihr nach einer tiefen, komplexen und wirklich überraschenden Handlung Ausschau haltet, die euch völlig aus der Bahn wirft, dann ist das hier vermutlich nicht das richtige Spiel. Die Story ist dafür schlicht zu geradlinig. Gleiches gilt für das Kampfsystem. Wer hier also ein erstklassiges Action Adventure erwartet, wird eher enttäuscht sein.
Wenn ihr jedoch Lust auf ein Abenteuer habt, das vor allem auf starken Figuren, einer glaubwürdigen, warmherzigen Freundschaft und einer wunderschön gestalteten Welt basiert, dann seid ihr hier genau richtig. Die Geschichte von Ryn und Abram trägt das gesamte Spiel, und die cleveren Rätsel sorgen dafür, dass sich die Reise nie wie reiner Leerlauf anfühlt.
Echoes of the End ist ein Spiel, dessen Herz größer ist als sein Budget. Das Kuriose dabei ist aber, dass genau dieser ehrliche, ambitionierte Geist es so liebenswert und absolut spielenswert macht.
| Vorteile | Nachteile |
| Eine unglaublich gut geschriebene und emotionale Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren | Die Hauptstory ist vorhersehbar und nutzt viele gängige Fantasy Tropes |
| Ryns Charakterentwicklung ist überzeugend und zufriedenstellend | Der Kampf fühlt sich steif an und steht klar im Schatten der Story |
| Wunderschöne Welt mit großartiger Atmosphäre | Die Antagonisten sind unterentwickelt und wenig einprägsam |
| Anspruchsvolle und gelungene Umgebungsrätsel | Rätselabschnitte können das Erzähltempo gelegentlich ausbremsen |
Plattformen: PlayStation 5, Xbox Series X/S, PC
Entwickler: Myrkur Games
Herausgeber: Plaion
Erscheinungsdatum: 12. August 2025
