Dispatch ist nichts, was ich nicht schon irgendwo gesehen hätte

Dispatch Rezension Titelbild

Dispatch, das neue Projekt der kreativen Köpfe hinter Telltales The Walking Dead und The Wolf Among Us, jetzt unter dem neuen Studio Namen AdHoc, kommt diesmal als emotional aufgeladenes Superhelden Abenteuer daher, das sich stark an bekannten Genre Tropes bedient.

Die erste Staffel dieses episodischen Revivals ist nun abgeschlossen, nachdem sie in Paketen zu je zwei Episoden veröffentlicht wurde. Zeit also, euch alle auf denselben Stand zu bringen.

Ein Superheld stürzt ab, und landet im Büroalltag

In einem fiktiven Los Angeles, in dem Superhelden und Superschurken durch die Straßen jagen, hat Robert Robertson, besser bekannt als Mecha Man, alles verloren. Sein gesamtes Vermögen ist draufgegangen, um das Erbe seines Vaters am Leben zu erhalten, denn den gigantischen Mecha Anzug zu reparieren ist alles andere als billig. 

Seit dem Tod seines Vaters sucht Robert besessen nach einem Schurken namens Shroud, dessen besondere Fähigkeit darin besteht, die Zukunft vorherzusagen.

Nach einer Explosion, bei der Robert für tot gehalten wird, lässt er das Mecha Man Dasein hinter sich und findet sich stattdessen in einem überraschend bodenständigen Job wieder: als Dispatcher beim Superhero Dispatch Network (SDN). Eine Art Superhelden Zentrale, bei der Heldinnen und Helden als Dienstleistungen gebucht werden können.

Die Geschichte dreht sich nun darum, wie Robert mit seiner neuen Rolle klarkommt, und besonders mit dem Team, das er managen soll. Das Z-Team, eine Gruppe reformierter oder zumindest halb-reformierter Ex-Schurken, die eine zweite Chance bekommen. Und genau diese Charaktere lassen Dispatch wirklich aufblühen. 

Robert selbst ist eher ein blasser, bewusst offen gehaltener Protagonist, der euch genug Platz lässt, ihn nach euren Vorstellungen zu formen. Doch seine bunt zusammengewürfelte Crew ist das wahre Herzstück der gesamten Story.

Das Dispatch Team

Dispatch Rezension 3 Hauptcharaktere

Das Z-Team besteht ebenfalls aus einer hochkarätigen Riege an Stimmen, darunter Charlie White (MoistCr1TiKaL auf YouTube), Alanah Pearce und Laura Bailey. Fast alle lehnen sich stark an die ihnen zugewiesenen Tropes an. Bailey, die die mögliche Love Interest Invisigal repräsentiert, legt ihren besten L.A. „Bad Girl“ Ton auf, während YouTuber jacksepticeye, Seán „Jack“ McLoughlin, der den kleinwüchsigen irischen Muskelhelden Punch Up spielt, tief in sich geht. So blüht seine amerikanisierte, aber auch verständliche Version eines dicken irischen Akzents auf.

Robert, dargestellt von Breaking Bad Star Aaron Paul, wirkt dagegen oft so, als würde er hinter der lebhaften, energiegeladenen Präsenz der erfahrenen Synchronsprecher und YouTuber zurückfallen. Ich verstehe, dass seine Figur depressiv ist, aber in den ersten Episoden klingt er verloren. Als hätte er ehrlich gesagt das Drehbuch erst eine Stunde vorher gelesen und müsste sich erst in dieser fantastischen Welt zurechtfinden.

Seine harsche, fast kratzige Stimme aus seinen Filmrollen und seiner Sprecherarbeit in Bojack Horseman ist hier klar wiederzuerkennen. Und je weiter das Spiel voranschreitet, desto mehr hebt er das eigentlich trockene, austauschbare Superhelden Skript an. Besonders ab Episode 3, wenn sich die Geschichte stärker Richtung „seltsame Truppe wird zur seltsamen Familie“ bewegt. 

Paul muss dann einige Ansprachen halten, die von euch beeinflusst werden. Bei mir persönlich sind manche Optionen die Fußnägel hochgerollt, selbst wenn im Spiel alle todernst reagieren.

Jede superkräftige Figur, die das Spiel präsentiert, ist nichts, was ihr nicht schon einmal irgendwo gesehen habt. Pearce, die Malevola spielt, wirkt wie direkt aus einem der Dungeons & Dragons Videos von Creative Partner Critical Role entnommen. Eine muskulöse Dämonenfrau mit Schwert und Höllenportalen. Sie klingt und wirkt genau so, wie ihr es euch vorstellt.

Whites Sonar, ein Mensch-Fledermaus-Hybrid, war für mich die größte Überraschung. Nicht nur das, sondern Sonar war meiner Meinung nach der beste Charakter des Spiels. Auch wenn viele seiner Beiträge fast zu bemüht wirken, ihn sympathisch machen zu wollen. Während der Dispatch Abschnitte streiten er und Robert manchmal über einen Tacker, oder Sonar schmeißt mit Sprüchen um sich, während er zufällig zu einer riesigen Monster Fledermaus mutiert.

Diese kleinen Momente tauchen bei jedem Charakter immer wieder auf, und es macht Spaß, ihnen zuzuhören. Es ist lustig, dass die besten Szenen in Dispatch ausgerechnet die alltäglichsten sind. Nicht die energiegeladenen Actionsequenzen oder die Versuche, auf die Tränendrüse zu drücken.

Denn Dispatch gelingt es hervorragend, die Welt glaubwürdig wirken zu lassen, und das Team trägt stark dazu bei. Es ist die übergreifende Story und manche typischen Superhelden Marotten, die das Gesamterlebnis für mich etwas hohl wirken lassen.

Dispatch im Test

Dispatch Rezension Party

Dispatch fühlt sich ein bisschen so an, als würdet ihr zum ersten Mal einen Comic aus dem Hause Image lesen. Reihen wie Savage Dragon oder Invincible scheinen massive Einflüsse zu sein, denn in dieser fiktiven Welt ist es völlig normal, dass einfach überall Menschen mit Superkräften herumlaufen.

Erik Larsens und Robert Kirkmans Mischung aus Realismus und Fiktion hat viele ähnliche Comics geprägt, und Dispatch bildet da keine Ausnahme. Auch hier funktioniert dieser Ansatz gut. Besonders immer dann, wenn das Spiel kurz sein größeres Universum durchscheinen lässt. Dann bekommt ihr einen Blick auf eine Welt, die oft spannender wirkt als das, worauf der Hauptplot eigentlich hinaus will.

An anderen Stellen fühlt sich alles an, als wolle jemand eine Art Iron-Man Variante erzählen, nur eben mit einem normalen Typen statt einem Supergenie wie Tony Stark. Einige der derberen Einfälle, wie etwa die Figur Toxic, dessen Haut aus Säure besteht und der deshalb ständig nackt herumläuft, könnten direkt aus einem Garth Ennis Comic wie The Boys stammen. Doch Dispatch traut sich nie wirklich, das Superhelden Genre so kompromisslos zu entzaubern, und so verpufft der derbe Humor meist ohne große Wirkung.

Die Story stützt sich außerdem stark auf Alan Moores alte Weisheit. Wenn jemand unglaubliche Kräfte hat, braucht er auch einen Fehler. Invisigal hat Asthma. Sonar kann seine Verwandlungen kaum kontrollieren. Punch Up ist praktisch unzerstörbar, wurde aber auf einen Meter Größe geschrumpft und ist unfassbar dumm. Sobald ihr dieses Muster erkennt, springt es euch in fast jeder Szene ins Auge.

Trotzdem ist es kein schlechter Ansatz. Nach ein paar Stunden mit dieser chaotischen Truppe kennt ihr sie erstaunlich gut. Fast so, als hättet ihr wirklich viel Zeit mit dem Team verbracht. Wenn schließlich der Abspann über den Bildschirm läuft, fühlt sich der Abschied dann auch ein wenig bittersüß an.

Mecha Mans Odyssee

Dispatch Rezension Spielcharakter umhüllt von Nebel

Es gibt eine übergeordnete Handlung im Spiel. Denn sobald Robert sich darauf konzentriert, Mecha Man wieder zurückzubringen, sowie seine zwei potenziellen Love Interests Blond Blazer und Invisigal zu überzeugen, dann gibt’s einfach zu viel. Denn dazu kommt auch noch das ständige Chaos rund um den Zusammenhalt des Z-Teams. All das schafft es am Ende einfach nicht, wirklich zu beeindrucken. 

Die Charaktere innerhalb dieser Story mochte ich zwar, aber diese Art von Erzählung habe ich schon oft gesehen, und meist in besserer Form. Alle Bausteine sind da, doch ich würde sie gern in einer weniger vorhersehbaren, weniger klischeehaften Struktur erleben.

Was das eigentliche Gameplay angeht? Es ist okay. Dispatch funktioniert, ähnlich wie The Walking Dead oder andere erzählfokussierte Telltale Spiele, nicht über direkte Action. Ihr steuert das Z-Team also nie selbst. Stattdessen laufen die meisten Actionsequenzen wie eine Mischung aus Quick Time Events und dem Rhythmusspiel Osu! ab. Symbole tauchen auf dem Bildschirm auf, ihr müsst den Mauszeiger oder Stick in die richtige Richtung bewegen oder rechtzeitig die passende Taste drücken.

Verlieren könnt ihr dabei eigentlich nicht, denn die Zwischensequenzen passen sich einwandfrei an eure Eingaben an. Egal, ob ihr perfekt trefft oder komplett daneben liegt. Die Dispatch Sektionen, von denen jede Episode ungefähr zwei enthält, fühlen sich dagegen am meisten nach „echtem Spiel“ an. 

Hier müsst ihr als Robert Anrufe von SDN Abonnenten entgegennehmen und entscheiden, welches Mitglied des chaotischen Z-Teams ihr zu welchem Einsatz schickt. Es ist ein simples System, aber gerade dadurch ziemlich charmant. Ehrlich gesagt ist es oft sogar lustiger, als die eigentliche Action jemals sein will.

Dispatch Gameplay

Hier spürt ihr eindeutig den Einfluss von D&D und klassischen Tabletop Rollenspielen. Jede Figur hat eigene Werte, Punkte und Fähigkeiten. Der D&D Aspekt zeigt sich besonders in den zufälligen Ereignissen oder Störungen, die erscheinen, während das Z-Team unterwegs ist. Ihr müsst die richtigen Leute losschicken, basierend auf kleinen Hinweisen in der Missionsbeschreibung, und manchmal einen bestimmten Wert einsetzen, um ein Problem zu lösen.

Jeder Held, abgesehen von einer optionalen Figur, kommt mit einem festen Satz an Startwerten, die euch grob zeigen, in welche Richtung ihr sie entwickeln könnt. Natürlich könnt ihr komplett dagegensteuern, aber ich fand, dass es am besten funktioniert, wenn man die Stärken beibehält und vielleicht Mobilität oder Charisma etwas erhöht. 

Scheitert eine Mission, landet die Figur im Zustand „verletzt“ und kann weniger beitragen. Passiert das zu oft, werden sie vollständig „ausgeschaltet“, bis ihr sie wiederbelebt oder der Arbeitstag endet.

Diese Abschnitte sind nicht schwierig und verlangen meist nur gesunden Menschenverstand. Und selbst wenn ihr mal eine Mission verpasst, ist das kein Drama, denn alle Einsätze sind zeitlich begrenzt. Manchmal passt die Situation auch einfach nicht. Ich habe Invisigal zu einer Allrounderin gemacht, und wenn ich sie mit Punch Up kombiniere, der zwar kaum Intelligenz und Charisma hat, dafür aber extrem hart zuschlägt, reicht das fast immer für eine erfolgreiche Mission.

Das Ganze wird auf einem Diagramm dargestellt, auf dem die Werte eurer eingesetzten Helden visualisiert werden. Es kann durchaus spannend werden, wenn der kleine Marker auf dem Diagramm bei einer 75 % Chance langsam aus der „Mission geschafft“ Zone herauswandert und ihr hoffen müsst, dass es trotzdem reicht.

Trotzdem fühlt sich das alles oft wie reine Fleißarbeit an. Schon ähnlich wie der erste Job, den jeder einmal schon hatte. Selbst wenn später Hacking Minispiele dazukommen, bleiben sie eher einfache Fingerübungen als echte Herausforderungen. Selbst im großen Finale von Episode 8, in dem der Dispatch Teil plötzlich zur Marathon Aufgabe wird, läuft alles letztlich auf gesunden Menschenverstand hinaus. 

Es ist nie so anspruchsvoll, wie es die Story darstellt, und ich würde mir hier ehrlich gesagt einen echten Herausforderungsmodus wünschen. Ist während meiner Dispatch Rezension aber leider nicht passiert.

Dispatch Rezension Meeting

Fazit meiner Dispatch Rezension

Dispatch ist voll von Klischees und eindeutig für eine ganz bestimmte Zielgruppe geschrieben. Auch wenn ich persönlich vieles davon schon zigmal gesehen habe, schafft das Spiel es dennoch, irgendwie elegant ins Ziel zu gleiten. 

Die Welt, die AdHoc hier aufgebaut hat, die Figuren und die gesamte Stimmung, all das wirkt, als hätte das Studio tief in seinen popkulturellen Einflüssen gegraben und daraus ein stimmiges Gesamtbild geschaffen. Trotzdem wünsche ich mir, dass sie das Genre künftig mutiger ausreizen und das Medium stärker nutzen, anstatt sich auf vertraute Muster zu verlassen.

VorteileNachteile
Großartiger Cast an Charakteren, die sich alle einzigartig anfühlenWenn ihr in den letzten 30 Jahren einen Indie Comic gelesen habt, kennt ihr den Ablauf bereits
Hervorragende kleine Alltagsmomente, die die Welt wirklich glaubwürdig machenJede Stimme und jeder Trope wird mit voller Wucht ausgespielt
Schafft es, trotz allem ein zufriedenstellendes Finale abzuliefernEin eher langweiliges Kernplot

Plattformen: PC, PS5

Entwickler: AdHoc Studio

Herausgeber: AdHoc Studio

Erscheinungszeitraum: 22. Oktober – 12. November 2025

Josephine hat ihre Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrer Liebe zum Online-Gaming verbunden. Von Browsergames bis hin zu MMORPGs erkundet sie digitale Welten voller Spielspaß und Kreativität. Daher sind Online Casinos für sie auch eine interessante Schnittstelle zwischen Spielspaß und technischen Innovationen. Besonders die riesige Auswahl an unterschiedlichen Slots mit ihren vielfältigen Features faszinieren sie. Wenn Josephine gerade nicht schreibt oder recherchiert, ist sie sehr aktiv in ihrer Kirchengemeinde unterwegs oder taucht in die Welt der handgemachten Musik ein.