Die Gaming in Germany Conference hat am 11. November 2025 unter einem bemerkenswerten Motto stattgefunden: “Let’s reclaim the market.” Bei der sechsten Ausgabe der wichtigen Branchenkonferenz trafen sich führende Vertreterinnen und Vertreter der regulierten deutschen iGaming-Branche in Berlin. Das Hauptthema war dabei die problematische Situation auf dem Online-Glücksspielmarkt. Willem van Oort, Gründer der Gaming-in-Business-Communities, brachte es auf den Punkt: „Die Zeit des Handelns ist gekommen.“
Regulierter Online-Glücksspielmarkt unter Druck
Der Online-Glücksspielmarkt ist an einem kritischen Punkt angekommen. Der legale Markt wird streng reguliert und kontrolliert. Derweil expandiert der Schwarzmarkt nahezu ungehindert. Aktuelle Daten der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) weisen einen Marktanteil illegaler Online-Glücksspielangebote von ungefähr 25 % aus. Das entspricht einem Marktvolumen von 500 bis 600 Mio. €. Es gibt allerdings auch ernst zu nehmende Schätzungen, die die Größe des Schwarzmarktes mindestens doppelt so groß ansetzen.
Für die legalen Glücksspielanbieter im Internet ist die aktuelle Situation problematisch, denn sie kämpfen gegen Konkurrenz auf dem Schwarzmarkt, die deutlich attraktivere Online-Casinos und Online-Buchmacher zur Verfügung stellen kann. Es gibt keine Glücksspielsteuer, keine Wettsteuer und die Spielauswahl ist wesentlich höher. Zudem gibt es auch keine niedrigen Einzahlungslimits und kein Einsatzlimit in Online-Casinos mit internationalen Lizenzen.
Grauer Markt oder organisierte kriminelle Netzwerke?
Oft wird verharmlosend von einem grauen Markt gesprochen. In früheren Zeiten, als es in Deutschland kein Lizenzierungssystem gab, war dieser Begriff vielleicht gerechtfertigt. Aber für Van Oort ist klar, dass hinter dem unregulierten Glücksspielmarkt in Deutschland organisierte kriminelle Netzwerke stehen, für die iGaming nur eines von vielen Betätigungsfeldern sei. Diese Behauptung wird gestützt von einer umfassenden Polizeiaktion im Juli 2025, bei der 950 Beamte in sieben Bundesländern sowie in Spanien, Malta und Österreich im Einsatz waren.
Bei der Aktion soll eine kriminelle Organisation, die illegale Sportwetten im Internet anbietet, das Ziel gewesen sein. Der Anlass für die internationale Razzia war, dass die Buchmacher keine Wettsteuer bezahlen. Auch illegale Glücksspielanbieter müssen die Glücksspielsteuer oder Wettsteuer bezahlen, selbst wenn sie nicht lizenziert sind. Das findet aber in der Praxis aus nachvollziehbaren Gründen so gut wie nie statt. Dem deutschen Staat entgehen dadurch Einnahmen in erheblicher Höhe. Bei der jüngsten Razzia ging es um illegale Gewinne im zweistelligen Millionen-Bereich.
Die Größe des Problems wird auch daran deutlich, dass die GGL im Jahr 2024 insgesamt 231 Untersagungsverfahren einleitete und mehr als 1.700 Webseiten überprüfte. Insgesamt wurden über 450 illegale Glücksspielseiten durch Untersagungsverfügungen zugänglich gemacht. Bei weiteren 657 Websites wurde Geoblocking auf Basis des Digital Services Act (DSA) eingesetzt. Alle bisherigen Maßnahmen führen aber nicht dazu, dass der Schwarzmarkt empfindlich getroffen wird. Wenn eine Website gesperrt wird, dauert es manchmal nur ein paar Minuten, bis das Angebot auf einer anderen Website zu sehen ist.
Gemeinsame Strategie verkündet: „Let’s reclaim the market“
Gaming in Germany, Gaming in Holland und Gaming in Spain haben sich zu einer gemeinsamen Initiative verbündet, bei der es darum geht, den Schwarzmarkt zu bekämpfen und den legalen Markt zu stärken. Nach Einschätzung der Initiatoren sollten dazu die folgenden Maßnahmen umgesetzt werden:
- Player Flow stoppen: Google, Meta und TikTok müssen stärker in die Pflicht genommen werden, damit weniger Menschen die illegalen Glücksspielangebote finden. Seit September 2024 dürfen zwar nur lizenzierte Anbieter Google Ads nutzen, aber das allein genügt nicht, um den Schwarzmarkt wirkungsvoll zu bekämpfen.
- Kriminelle Lieferketten blockieren: Alle Unternehmen, die illegale Glücksspielanbieter unterstützen, sollen keine Erlaubnis haben, mit lizenzierten Anbietern zu kooperieren. Allerdings ist das Trusted Partner Program von Tipico, das als positives Beispiel auf der Konferenz genannt wurde, durchaus umstritten hinsichtlich der Wirkungsmacht. Das oberste Ziel dürfte es sein, nur noch Spielehersteller und Plattformbetreiber in Deutschland zuzulassen, die nicht mit illegalen Anbietern kooperieren. Die Umsetzung dürfte allerdings nicht einfach sein.
- B2B-Lizenzierung einführen: Mit Lizenzen für B2B wäre es möglich, den Plattformbetreibern und Spieleherstellern genau auf die Finger zu schauen und Nachweise zu fordern, dass Sie ausschließlich legale Anbieter in Deutschland fördern. In der aktuellen Form dürfte die GGL aber mit einem derart umfangreichen zusätzlichen Lizenzierungssystem überfordert sein.
- Kooperation mit Strafverfolgungsbehörden: Die GGL und andere Glücksspielbehörden sollen deutlich enger und intensiver mit Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten.
