Das Oberlandesgericht Bremen hat eine wegweisende Entscheidung zum illegalen Glücksspiel getroffen. Unter dem Aktenzeichen 1 ORs 14/25 wird die rechtliche Behandlung von illegalem Glücksspiel und der Vermögensabschöpfung auf Basis des Bruttoprinzips grundlegend geklärt. In dem Verfahren ging es um die Frage, wie hoch die Einziehung von Geldern bei unerlaubtem Glücksspiel sein darf und welche Positionen bei der Rechnung zu berücksichtigen sind.
OLG Bremen stärkt Bruttoprinzip bei unerlaubtem Glücksspiel durch
Bei der Veranstaltung von illegalem Glücksspiel entsteht ein erheblicher finanzieller Schaden für die Spieler, aber auch für den Staat durch entgangene Steuereinnahmen. Eine immer wieder aufkommende Frage in entsprechenden Verfahren dreht sich um das Thema der Einziehung von Geldern. Im aktuellen Fall ging es darum, dass der Veranstalter des illegalen Glücksspiels bei Einsätzen von 440.000 € einen Gewinn in Höhe von 150.000 € erzielt hatte.
Zusätzlich zu einer Geldstrafe von 3.400 € ordnete das Gericht Einziehung von 440.000 € an. Dagegen ging der Beklagte vor und pochte darauf, nur die 150.000 € Gewinn zahlen zu müssen. Doch das OLG Bremen entschied auf Basis des Bruttoprinzips, dass der Kläger die kompletten 440.000 € bezahlen muss. Das ist ein wichtiges Urteil im Kampf gegen illegales Glücksspiel, denn die Täter müssen damit rechnen, erheblich höhere Beträge als bisher üblich zurückzahlen zu müssen.
Die Begründung des OLG bezieht sich darauf, dass der Täter zumindest zeitweise Verfügung über das eingezahlte Geld hat. Es spielt keine Rolle, dass der Täter einen Teil des Geldes später als Gewinn auszahlte. In Zukunft werden Anbieter illegaler Glücksspiele damit rechnen müssen, dass sie mit wesentlich höheren Summen als bisher in Verfahren konfrontiert werden. Das könnte sich auch auf das Strafmaß und weitere Folgen einer Verurteilung auswirken.
Illegales Glücksspiel im Hinterzimmer wird teuer
Beim aktuellen Fall ging es um einen Spielhallenbetreiber, der im Hinterzimmer sogenannte Fun-Spielautomaten betrieb. Diese illegalen Spielgeräte suggerieren dem Spieler, dass er eine Chance hat, den Spielverlauf zu beeinflussen. Um an dem Spiel teilzunehmen, mussten die Spieler Bargeld gegen Credits eintauschen. Diese Art des illegalen Glücksspiels ist weit verbreitet in Deutschland. Da das legale Glücksspiel stark reglementiert ist, gibt es eine große Nachfrage nach Spielen mit hohen Einsätzen und vermeintlich hohen Gewinnchancen.
Illegale Glücksspielgewinne werden nicht von Rückzahlung abgezogen
Das OLG Bremen hat eine zweite Leitsatzentscheidung in das Urteil eingebaut, die ebenfalls klar gegen Anbieter illegalen Glücksspiels gerichtet ist. Demnach dürfen die Gewinne, die den Spielern ausgezahlt wurden, nicht vom einzuziehenden Betrag abgezogen werden. Theoretisch kann es durchaus Spieler geben, die dadurch im aktuellen Fall als Gewinner dastehen.
Es gehört zur Methode illegale Glücksspielanbieter, dass sie Spielern die Möglichkeit geben, gelegentlich ordentliche Gewinne zu kassieren. Die Anbieter wissen, dass die Spieler in der Regel unter einer Spielsucht leiden und deswegen schnell wiederkommen, um das gewonnene Geld zu verlieren. Dieses perfide Geschäftsmodell wird aufgrund der lukrativen Verdienstmöglichkeiten nicht verschwinden.
Aber die finanziellen Folgen für die legalen Glücksspielanbieter werden durch das Urteil des OLG Bremen erheblich vergrößert. Ob im konkreten Fall die Rückzahlung des Geldes möglich ist und ob entsprechende Vermögenswerte bestehen, ist nicht öffentlich bekannt. Aber die Behörden haben weitgehende Sanktionsmöglichkeiten und können auf das gesamte Vermögen der Beklagten zugreifen.
Abschreckungswirkung und Präventiveffekt?
Es ist nicht sicher, dass das Urteil des OLG Bremen dazu führen wird, dass eine höhere Abschreckungswirkung entsteht. Auch schon vor der Anwendung des Bruttoprinzips waren die Folgen für Anbieter illegalen Glücksspiels erheblich. Freiheitsstrafen und Geldstrafen gab es auch schon vor dem Urteil des Oberlandesgerichts. Solange der finanzielle Anreiz beim illegalen Glücksspiel hoch bleibt, wird es einen Markt geben.
Ein grundlegendes Problem ist, dass der illegale Glücksspielmarkt online und offline nicht geeignet ist, als halbwegs gleichwertige Konkurrenz zum illegalen Glücksspiel zu gelten. Gerade die Spieler, die besonderen Schutz benötigen, tendieren dazu, bei illegalen Anbietern zu spielen, sowohl in Hinterzimmern als auch in Online-Casinos ohne Lizenz. Dieses Problem wird sich nie komplett lösen lassen, aber es wären durchaus Fortschritte möglich.
Wenn der illegale Glücksspielmarkt attraktiver gestaltet wäre, wäre es einfacher, die Spieler davon abzuhalten, im Hinterzimmer zu spielen. Der aktuelle Fall zeigt, dass es diese Problematik nicht nur bei den Online-Casinos gibt, sondern auch im terrestrischen Glücksspiel. Täglich werden Spieler in Hinterzimmern abgezockt, aber die Politik erfreut sich daran, dass eine sehr strenge Glücksspielregulierung für einen vermeintlich hohen Spielerschutz sorgt.
Doch was ist ein Spielerschutz wert, der nur auf dem Papier existiert und lediglich die Spieler betrifft, die zum überwiegenden Teil keinen besonderen Schutz benötigen? Ein gewöhnlicher Gelegenheitsspieler, der ab und zu einmal in einer Spielothek ein paar Runden an einem Slot spielt, lässt sich nicht zu einem Besuch im Hinterzimmer überreden.
Beim Online-Glücksspiel ist die Sache allerdings etwas komplexer, da das nächste Casino ohne Lizenz immer nur ein paar Klicks entfernt ist. Zudem können viele Spieler nicht unterscheiden, ob es sich um legale oder illegale Angebote handelt. Das größte Problem beim Kampf gegen das illegale Glücksspiel ist und bleibt, dass der Bedarf nach Glücksspiel unglaublich hoch ist. Darauf müsste die Politik mit einer besseren Glücksspielregulierung reagieren.
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