In Österreich steht eine grundlegende Entscheidung über die Zukunft des Glücksspielmarktes an. Derzeit verschärft sich die Debatte um das umstrittene Online-Casino-Monopol dramatisch. Sichtbar wird der tiefe Graben zwischen den Koalitionspartnern ÖVP, SPÖ und Neos. Dabei geht es um die zentrale Frage: Bleibt das seit 1981 existierende Monopolsystem erhalten oder wird ein Lizenzsystem wie in Deutschland installiert?
Glücksspielmonopol in Österreich vor dem Aus?
Derzeit zirkuliert ein Gesetzesentwurf durch die Presse, der vorsieht, das Online-Glücksspielmonopol unter einer einzigen Konzession zu zementieren. Mit diesem Monopol würden Lotto und Online-Glücksspiel in einer Hand vereint, und zwar bei den Österreichischen Lotterien und ihrer Marke win2day. Dieses Modell wäre eine klare Absage an die Liberalisierung des Glücksspielmarktes. Profitieren würde nicht zuletzt die Casinos Austria AG, die zwölf von 15 terrestrischen Casinos betreibt.
Regierungsprogramm und Reformforderungen
ÖVP und SPÖ haben bislang ihre Karten nicht auf den Tisch gelegt. Es ist nicht klar, welche Position die beiden Parteien am Ende in der Frage um das Glücksspielmonopol einnehmen werden. Einzelne Politiker haben sich allerdings schon länger positioniert. Nationalrat Christoph Pramhofer argumentiert etwa öffentlich für eine Öffnung des Online-Casino-Marktes und führt dabei in erster Linie wirtschaftliche Gründe an.
Über einen liberalisierten Glücksspielmarkt im Internet wäre es nach Einschätzung des Nationalrats möglich, höhere Beträge über die Glücksspielabgabe zu kassieren. Das käme dem Staat und damit der Allgemeinheit zugute. Wenn hingegen das bestehende Monopol erhalten bleibt, wird sich an den Einnahmen kaum etwas ändern.
Die SPÖ unter Kai Jan Krainer priorisiert den Spielerschutz und setzt auf technische Maßnahmen wie IP-Sperren und Payment Blocking. Allerdings ist man sich in der SPÖ allem Anschein nach bislang nicht einig darüber, ob diese Maßnahmen im Rahmen eines Lizenzsystems oder zum Schutz eines Monopols stattfinden sollen.
Die ÖVP bevorzugt nach Angaben aus Verhandlungskreisen eine feste Anzahl an Lizenzen und keine unbegrenzte Marktöffnung. Das wäre ein Kompromiss zwischen Reform und bewährten Strukturen. Allerdings wäre es wahrscheinlich nicht einfach zu entscheiden, wer die Lizenzen bekommt. Nicht zuletzt müsste diese Regelung auch noch mit EU-Recht in Einklang gebracht werden.
Die treibenden Faktoren einer Glücksspielreform in Österreich
Die aktuelle Konzession im Rahmen des Glücksspielmonopols endet am 30. September 2027. Vorher muss die österreichische Regierung einen Ausschreibungsprozess starten, im besten Fall noch in diesem Jahr, spätestens aber Anfang 2026. Die EU-Kommission betont zudem immer wieder, dass nationale Glücksspielmonopole schwer mit dem europäischen Binnenmarkt vereinbar seien, wenn objektive Gründe für ihren Fortbestand fehlten.
Die Befürworter eines Lizenzsystems, das den Markt für internationale Glücksspielanbieter eröffnet, argumentieren, dass es diesen Markt längst gebe, aber ohne Lizenzen. Der Schwarzmarkt ist beim Online-Glücksspiel ein großes Thema. Es gibt zahlreiche Online-Casinos mit Lizenzen aus Malta, Zypern, Gibraltar, Anjouan, Curaçao und anderen Jurisdiktionen, die in Österreich verfügbar sind.
Speziell die Offshore-Casinos sind schwer zu greifen. Dabei werden Millionen umgesetzt, teilweise auch mit Kryptowährungen, die eine Nachverfolgung prinzipiell schwierig machen. Unabhängig davon, welche Glücksspielregulierung Österreich in Zukunft haben wird, muss deswegen der Kampf gegen den Schwarzmarkt eine zentrale Säule des neuen Systems sein.
Deutschland als Vorbild – vielleicht besser nicht?
Deutschland ist Österreich voraus. Das einstige Glücksspielmonopol gilt seit 2021 nicht mehr für Online-Casinos. Allerdings ist die Situation in Deutschland nicht unbedingt geeignet, Nachahmer einzuladen. In Deutschland gibt es zwar einen ordentlich regulierten Markt mit einem sehr strengen Spielerschutz. Es gibt etwa ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 € und ein Einsatzlimit von 1 €.
Allerdings gibt es auch einen riesigen Schwarzmarkt, der je nach Schätzung zwischen 40 und 60 Prozent des Gesamtmarkts umfasst. Ein grundlegender Fehler, der in Deutschland begangen wurde, sollte sich vielleicht in Österreich nicht wiederholen: Der legale Online-Glücksspielmarkt ist zu unattraktiv im Vergleich zum Schwarzmarkt. Trotz repressiver Maßnahmen wie IP-Sperren und Payment Blocking gelingt es bislang nicht, den Schwarzmarkt wirkungsvoll einzudämmen.
Spielerschutz versus Kanalisierung
Jede Glücksspielregulierung muss eine vernünftige Balance zwischen Spielerschutz und Attraktivität gewährleisten. Was bedeutet das konkret? Online-Casinos und andere Glücksspielangebote müssen so attraktiv gestaltet sein, dass die typischen Glücksspiel-Fans die Angebote gerne nutzen. In Deutschland ist das eher nicht der Fall. Deswegen spielen viele Zocker lieber in Online-Casinos ohne deutsche Lizenz.
Der Spielerschutz ist zwar formal hervorragend, aber in der Praxis sind viele Spieler nicht geschützt, da sie in den Casinos außerhalb der deutschen Regulierung spielen. Das kann im Sinne einer pragmatischen Glücksspielregulierung keine sinnvolle Lösung sein. Leider geht es bei der Glücksspielregulierung allerdings oft nicht um Pragmatismus, sondern um Ideologie. Diese Problematik scheint auch in Österreich bislang eine sinnvolle Lösung zu verhindern.
Ausblick und nächste Schritte
Die Koalition muss sich auf einen Gesetzesentwurf einigen. Wenn drei Parteien beteiligt sind, spricht wenig dafür, dass am Ende ein sinnvoller Entwurf herauskommt. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass eine halbgare Kompromisslösung entsteht, die am Ende weder zu einem attraktiven Markt noch zu erstklassigem Spielerschutz führt.
Eines scheint allerdings klar zu sein: Das bisherige Glücksspielmonopol ist ein Auslaufmodell. Es scheint auch in der Koalition keine Mehrheit zu geben, um das bisherige Modell unverändert fortzuführen. Vielleicht sollte sich Österreich weniger an Deutschland, sondern mehr an Großbritannien und Dänemark orientieren. Diese beiden Länder haben zumindest bis vor Kurzem pragmatische Ansätze bei der Glücksspielregulierung verfolgt.
