Der italienische Online-Glücksspielmarkt durchläuft aktuell eine radikale Umstrukturierung. Die italienische Glücksspielbehörde, die Agenzia delle Dogane e dei Monopoli (ADM), ist seit dem 13. November 2025 damit beschäftigt, die erste Phase einer bemerkenswerten Glücksspielreform umzusetzen. Ein Ergebnis der Reform ist, dass die Anzahl der lizenzierten Betreiber von 407 auf ungefähr 50 sinkt. Ein derart drastischer Schritt hat Folgen für den Markt und die Spieler, aber auch für viele der bisher in Italien vertretenen Glücksspielanbieter.
Hohe Eintrittsbarrieren und zusätzliche Steuerlasten
Ein wesentlicher Bestandteil der neuen Glücksspielregulierung im Online-Bereich sind wesentlich höhere finanzielle Anforderungen. Zudem wird es verschärfte Kontrollen geben. Auch ein Verbot von Schwesterseiten (Skin-Sites) und Affiliate-Plattformen wird umgesetzt. Die internationalen Glücksspielanbieter, die bislang auf dem italienischen Online-Glücksspielmarkt aktiv sind, müssen sich auf die neuen Regeln einlassen oder den Markt verlassen.
Bislang lag die Lizenzgebühr für neun Jahre bei 200.000 EUR. Mit der Glücksspielreform steigt der Betrag auf 7 Millionen EUR. Zudem wird der Steuersatz für Sportwetten von 24,0 % auf 24,5 % des Bruttospielertrag (GGR) erhöht. Dazu müssen die Glücksspielanbieter eine jährliche Zusatzgebühr in Höhe von 3 % des GGR bezahlen.
Die Reform ist finanziell schon ein Erfolg. Bereits 364 Millionen EUR wurden in die Staatskassen gespült. Derzeit haben 46 Unternehmen insgesamt 52 Lizenzen. Alle neuen Lizenzinhaber mussten nachweisen, dass sie mindestens 3 Millionen EUR in den vergangenen zwei Jahren umgesetzt haben. Zudem müssen die Glücksspielanbieter zeigen, dass sie über eine adäquate technische Infrastruktur verfügen und eine robuste Anti-Geldwäsche-Strategie umsetzen.
Viele renommierte Glücksspielanbieter verlassen Italien
Die Liste der bekannten Glücksspielanbieter, die den italienischen Markt aufgrund der Glücksspielreform verlassen, ist lang. Die prominentesten Namen sind Unibet, Betway, Betn1, 1xBet und Betaland. Teilweise mag die Glücksspielreform nur der Anlass sein, den italienischen Glücksspielmarkt zu verlassen. Aber in vielen Fällen sind die neuen finanziellen Anforderungen aus Sicht vieler Glücksspielanbieter zu hoch, um profitabel zu arbeiten.
Einige italienische Branchenexperten glauben, dass sich die Konsolidierung fortsetzen wird und in Zukunft nur noch etwas mehr als 30 Glücksspielanbieter in Italien aktiv sein werden. Dieser Gedanke ist durchaus nachvollziehbar, denn aufgrund der hohen Lizenzkosten können nur Glücksspielanbieter profitabel arbeiten, die einen entsprechend großen Kundenstamm akquirieren. Das wird aber kaum allen neuen Lizenzinhabern gelingen.
Flutter Entertainment könnte größter Profiteur werden
Während sich einige internationale Schwergewichte vom italienischen Markt verabschieden, will Flutter Entertainment die Präsenz auf dem italienischen Markt ausbauen. Über die Tochtergesellschaften Sisal, Snaitech und Betfair Exchange hat der Glücksspielkonzern bereits einige der vergebenen Lizenzen. Aktuell dürfte Flutter Entertainment etwa 30 % des italienischen Online-Glücksspielmarkts kontrollieren.
Eine wichtige Rolle spielt dabei der Kauf von Snaitech im Jahr 2023. Das Unternehmen hat aktuell etwas mehr als 290.000 Spieler pro Monat und ist im terrestrischen Glücksspiel und im Online-Glücksspiel vertreten. Im Nachhinein hat sich der Kauf, der damals durchaus kritisch betrachtet wurde, als strategisch wichtige sinnvolle Maßnahme erwiesen.
Das Online-Glücksspiel ist in Italien nach Einschätzung vieler Experten unterentwickelt. Aktuell fallen gerade einmal 21 % des Bruttospielertrags auf Online-Plattformen an. Zum Vergleich: In Großbritannien werden etwa 60 % des Bruttospielertrags online erwirtschaftet. Deswegen rechnet Flutter mit einem Wachstum des Online-Segments von etwa 10 % pro Jahr.
Besserer Spielerschutz und gezielte Cyber-Abwehr
Ab Februar 2026 werden verschärfte Spielerschutzmaßnahmen umgesetzt. Alle Spieler müssen verbindliche Einzahlungslimits festlegen und die neuen AGB der Buchmacher akzeptieren Glücksspielanbieter akzeptieren. In den AGB sind neue Regeln zum Verbraucherschutz und zum Selbstausschluss implementiert. Ohne Limits können die Spieler die lizenzierten Angebote nicht nutzen.
Dazu will die ADM ein neues „Cyber Shield“-System einsetzen, mit dem Glücksspielanbieter ohne Lizenz blockiert werden sollen. Die italienischen Internetnutzer sollen daran gehindert werden, illegale Websites aufzurufen. Dieses Element der Glücksspielreform ist ein wichtiger Aspekt, doch ohne wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Schwarzmarkt dürfte es schwer sein, die strenge Glücksspielregulierung erfolgreich durchzusetzen.
Kampf gegen den Schwarzmarkt hat künftig hohe Priorität
Bei der italienischen Regierung hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein legaler Glücksspielmarkt mit einer strengen Regulierung nur mit einem massiven Kampf gegen den Schwarzmarkt fusionieren kann. In den Jahren 2023 und 2024 blockierte die ADM bereits annähernd 10.000 Online-Plattformen ohne Lizenz und führte über 19.000 Inspektionen durch. Mit KI-gestützten Überwachungstools zur Echtzeiterkennung soll der Kampf gegen den Schwarzmarkt verschärft werden. Zudem werden auch die Maßnahmen zum Schutz gegen Geldwäsche verschärft.
Es muss ich allerdings noch zeigen, ob die geplanten Maßnahmen den gewünschten Erfolg bringen. Experten schätzen, dass die unlizenzierten Glücksspielanbieter in Italien einen Umsatz von etwa 25 Milliarden EUR produzieren. Der Fachverband European Gaming and Betting Association (EGBA) hat sich in einer Stellungnahme zur neuen Regulierung in Italien kritisch gezeigt. Es könnte sogar sein, dass die außergewöhnlich strenge Regulierung am Ende den Schwarzmarkt stärkt.
Italien geht deutschen Weg – nur noch drastischer
Vielleicht hat sich Italien an der deutschen Glücksspielregulierung ein Vorbild genommen. Jedenfalls ist es bemerkenswert, dass Italien versucht, mit einer extrem strengen Glücksspielregulierung das Problem in den Griff zu bekommen. Was ist das Problem? Es gibt Menschen, die eine regelrechte Spielsucht entwickeln. Nicht jeder verschmiert gleich Haus und Hof. Aber es gibt zu viele Spieler, die mehr verlieren als sie sich leisten können.
Mit einem wirkungsvollen Spielerschutz soll dies unterbunden werden. Wenn aber der Schwarzmarkt in Zukunft auch in Italien, ähnlich wie in Deutschland, wesentlich attraktiver ist als der legale Markt, könnte der Schuss nach hinten losgehen.
